Das Wichtigste in Kürze:
- Enterbung: Kinder haben einen gesetzlichen Pflichtteilsanspruch.
- Pflichtteil Kinder Höhe: Die Hälfte der gesetzlichen Erbquote, abhängig von Familienkonstellation.
- Verjährung Pflichtteil: 3 Jahre ab dem Ende des Todesjahre.
- Der Pflichtteilsanspruch ist ein Anspruch in Geld.
- Kinder haben keinen Anspruch auf bestimmte Gegenstände aus dem Nachlass.
- Der Pflichtteilsanspruch muss eingefordert werden.
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Zusammenfassung
Der Pflichtteil für Kinder beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der Pflichtteilsanspruch als Kind bestimmt sich nach der Stellung zum Erblasser und der Anzahl möglicher weiterer Erben. Leibliche Kinder und Adoptivkinder haben einen Pflichtteilsanspruch. Nur in bestimmten Ausnahmefällen kann der Erblasser dem Kind den Pflichtteil entziehen. Maßgeblich für die Höhe des Pflichtteils ist zum einen die eigene Pflichtteilsquote und der Wert des Nachlasses, abzüglich etwaiger Verbindlichkeiten.
1. Haben Kinder Anspruch auf einen Pflichtteil?
In den meisten Fällen lässt sich diese Frage mit einem klaren „Ja“ beantworten: Eltern können ihren Kindern den Pflichtteil in aller Regel nicht entziehen. Nur in extremen Ausnahmefällen, die vom Gesetzgeber sehr streng geregelt und von Gerichten äußerst zurückhaltend anerkannt werden, ist eine Pflichtteilsentziehung überhaupt möglich. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich in § 2333 BGB. Pflichtteilsentziehung ist ausschließlich dann zulässig, wenn einer der dort ausdrücklich genannten Gründe vorliegt. Diese sind:
- der Pflichtteilsberechtigte dem Erblasser oder engen Familienmitgliedern nach dem Leben trachtet (also sie töten will)
- er ein schweres Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen gegen den Erblasser oder dessen Familie begeht
- er den Erblasser böswillig im Stich lässt, obwohl er rechtlich verpflichtet wäre, Unterhalt zu leisten
- oder er wegen einer vorsätzlichen Straftat zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt wird und eine Beteiligung am Erbe für den Erblasser unzumutbar ist
Wichtige Begriffe in diesem Zusammenhang sind: Pflichtteilsberechtigte, Erblasser, Enterbung, Testament und gesetzliche Erbfolge.
Beispiel: Pflichtteil als Kind einfordern:
Eine Mandantin wurde von ihrem Vater enterbt. Im Testament setzte er seine neue Lebensgefährtin als Alleinerbin ein. Die Mandantin wusste nichts von der Enterbung und fragte sich, ob ihr überhaupt noch etwas zusteht. Nach anwaltlicher Beratung wurde klar: Trotz Enterbung hat sie Anspruch auf ihren Pflichtteil. Ein Grund für die Entziehung lag nicht vor. Trotz Enterbung durch Testament hat die Mandantin als Kind des Erblassers ihren gesetzlichen Pflichtteilsanspruch geltend gemacht. Sie konnte erfolgreich ihren Pflichtteil berechnen und einfordern.
2. Höhe des Pflichtteils für Kinder?
Die Höhe des Pflichtteils für Kind richtet sich nach der gesetzlichen Erbquote des Kindes. Das bedeutet: Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, den das Kind ohne Enterbung erhalten hätte.
Wie hoch dieser Anteil genau ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- War der Erblasser verheiratet?
- Welcher Güterstand galt in der Ehe?
- Und wie viele Kinder gibt es insgesamt?
Hier sind 4 typische Beispiele für die Höhe des Pflichtteils als Kind, wenn der Erblasser im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat:
Situation gesetzliche Erbquote Kinder Pflichtteil Kinder
Ehepartner mit einem Kind 1/2 1/4
Ehepartner mit zwei Kindern 1/6 1/12
Ein Kind, kein Ehepartner Alleinerbe 1/2
Zwei Kinder, kein Ehepartner 1/2 1/4
Dieses Beispiel ändert sich gravierend, wenn der Erblasser im Güterstand der Gütertrennung gelebt hat. Daher ist jeder Fall ein Einzelfall, der ein hohes Maß an Genauigkeit und Transparenz benötigt, um den Pflichtteil richtig zu beziffern, insbesondere während der ersten anwaltlichen Beratung.
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3. Pflichtteil für Kinder berechnen
Um den Pflichtteil zu berechnen, ist im ersten Schritt die genaue Quote des Kindes wichtig. Im zweiten Schritt ist der Nettonachlass entscheidend. Hierfür sollte zunächst der sog. Auskunftsanspruch geltend gemacht werden. Erfahren Sie, wie Sie mit einem Musterschreiben in nur 4 Schritten den Pflichtteil einfordern.
Sobald der Nettonachlass, d. h. das Vermögen des Erblassers abzüglich sämtlicher Verbindlichkeiten, feststeht, wird der Nachlass mit der Pflichtteilsquote berechnet. Das Ergebnis dieser Berechnung entspricht der Höhe des Pflichtteils.
Beispiel:
Die Erblasserin E ist verheiratet und hat zwei Kinder. Gemeinsam mit ihrem Ehemann M lebt sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Für den Tod haben beide mit einem Berliner Testament vorgesorgt. E und M haben zu je ½ ein Haus, welches einen Wert von 600.000,00 EUR hat. Der Anteil der E beträgt somit 300.000,00. Daneben hat E ein eigenes Girokonto mit einem Betrag in Höhe von 15.000,00 EUR sowie ein Aktiendepot mit einem Betrag von 100.000,00 EUR zum Todestag. In Summe hat E ein Vermögen in Höhe von 415.000,00 EUR. Die Bestattung der E kostet 15.000,00 EUR. Folglich beträgt der Netto- Nachlass 400.000,00 EUR. Ohne Testament würde M die Hälfte des Vermögens erben, die Kinder teilen sich die andere Hälfte, so dass jedes Kind einen Anteil in Höhe von 1/4 hätte.
Aufgrund des Berliner Testaments erbt M alles. Die Kinder haben nur noch einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 1/8 von 400.000,00 EUR. Folglich 50.000 EUR.
4. Kann Kindern der Pflichtteil entzogen werden?
Die sog. Entziehung des Pflichtteils findet sich zunächst im Gesetz. Der § 2333 BGB nennt genaue Gründe, in welchen konkreten Fällen Kindern der Pflichtteil entzogen werden kann. Die Rechtsprechung legt diese Gründe alle sehr restriktiv aus. Das heißt, dass es nur beim Vorliegen der genannten Gründe eine Entziehung des Pflichtteils rechtfertigt. Namentlich sind die Hürden sehr hoch. So muss das Kind zum Beispiel dem Erblasser oder nahestehenden Personen nach dem Leben trachten.
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5. Pflichtteil einfordern als Kind, wenn Erbe ausschlage?
Grundsätzlich können Kinder nicht einfach das Erbe ausschlagen und im Anschluss den Pflichtteil fordern. Aber nur in den Fällen, die in § 2306 BGB beschrieben werden, ist es möglich, trotz Ausschlagen des Erbes den Pflichtteil zu fordern. Dem Wortlaut nach ist folglich dieses Vorgehen nur dann möglich, wenn der Erbe, der auch pflichtteilsberechtigt ist, aufgrund des Testaments beschränkt oder beschwert.
Wann bin ich durch das Testament beschwert?
- Wenn ein Nacherbe eingesetzt wurde.
- Wenn ein Testamentsvollstrecker ernannt wurde.
- Wenn ein Vermächtnis oder eine Auflage erfüllt werden muss.
Um jedoch von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, dürfen zwischen der Kenntnis über die Beschränkung oder Beschwerung maximal 6 Wochen liegen.
6. Können Kinder trotz Berliner Testamentes den Pflichtteil einfordern?
Zunächst sollte klar sein, was das sog. Berliner Testament ist.
Kurz gesagt:
Das Berliner Testament können nur Ehepaare verfassen. Sie setzten sich für den ersten Erbfall gegenseitig als Alleinerben ein. Für den zweiten Erbfall werden die Kinder als sog. Schlusserben eingesetzt.
Das Problem beim Berliner Testament liegt darin, dass beim ersten Erbfall Kinder grundsätzlich bereits Erben wären. Durch das Berliner Testament werden für den ersten Erbfall die Kinder enterbt. Ist das Kind durch das Testament enterbt, stellen sich viele Fragen. Die häufigste und wohl auch die schwierigste Frage der Mandanten ist:
- Soll ich den Pflichtteil einfordern oder warten, bis ich als Schlusserbe alles erben werde?
Diese Frage lässt sich nur mit einer genauen Analyse der Situation bewerten. Zum einen kommt es darauf an, ob das Testament eine sog. Pflichtteilsstrafklausel enthält. Hierbei erhält das Kind, welches beim ersten Erbfall den Pflichtteil fordert im zweiten Erbfall ebenfalls nur den Pflichtteil.
Zum anderen stellen sich die Fragen, wie alt ist der überlebende Ehepartner und wie geht er mit Geld um. Manchmal kann es sinnvoller sein, den Spatz in der Hand zu haben, als auf die Taube auf dem Dach zu warten. Im schlimmsten Fall ist die Taube irgendwann sogar nur noch ein Schmetterling. Schließlich ist es eine Entscheidung, die jeder mit sich selbst ausmachen muss. Ein Anwalt für Erbrecht sollte transparent alle Wege aufzeigen, wie Sie als Kind den Pflichtteil einfordern können und die dazugehörigen Kosten und Strapazen, die Sie auf sich nehmen müssen.
Lassen Sie sich beraten: Pflichtteil trotz Berliner Testament einfordern – was sinnvoll ist, hängt vom Einzelfall ab
7. Wann können Kinder ihren Pflichtteil verlangen?
Das Pflichtteilsrecht setzt voraus, dass erst mit dem Tod des Erblassers die Kinder den Pflichtteil einfordern können. Dies hat den Hintergrund, dass der Gesetzgeber beim Pflichtteil an die Stellung als Erbe anknüpft. Erst wenn man Erbe sein sollte und durch ein Testament enterbt wurde, sollen Kinder den Pflichtteil fordern.
8. Kann ich als Kind auch vor dem Tod den Pflichtteil einfordern?
Grundsätzlich kann diese Frage klar mit „Nein“ beantwortet werden.
In der Praxis wollen Eltern regelmäßig den Nachlass schon zu Lebzeiten regulieren. Um Risiken für den überlebenden Ehepartner zu reduzieren, muss der Pflichtteil berücksichtigt werden. In solchen Fällen kann ein sogenannter Pflichtteilsverzicht beim Notar beurkundet werden. Hierbei erklärt das Kind, dass es für einen bestimmten Erbfall keinen Pflichtteil fordern wird. Dieser Vertrag wird nahezu immer mit einer Abfindungszahlung verknüpft. Wie hoch dann der Pflichtteil ist, ist das Verhandlungsgeschick der Kinder.
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9. Wann verjähren die Pflichtteilsansprüche der Kinder?
Der Pflichtteilsanspruch beginnt mit dem Ende des Jahres in dem der Erblasser verstorben ist. Er verjährt nach 3 Jahren. Wichtig ist hierbei, dass es nicht auf den Tag des Todes ankommt. Um die Verjährung zu vermeiden, sollte der Erbe entweder auf die Einrede der Verjährung verzichten, das sollte im besten Fall schriftlich geschehen oder es muss rechtzeitig eine sog. Stufenklage erhoben werden. Ein Fehler wäre es, nur auf die Auskunft zu klagen.
10. Was tun, um den Pflichtteil als Kind erfolgreich durchzusetzen?
- Pflichtteil schriftlich beim Erben geltend machen
- Auskunftsanspruch (§ 2314 BGB) nutzen: Umfang und Wert des Nachlasses prüfen
- Pflichtteil berechnen (ggf. mit Gutachten, Anwalt, Steuerberater)
- Fristen beachten (Verjährung 3 Jahre!)
Bei Streit: Pflichtteilsanspruch einklagen
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Rechtsanwalt Sven Diel
Antworten auf die wichtigsten Fragen
Was ist der Pflichtteil von Kindern?
Der Pflichtteil ist ein Anspruch in Geld.
Wie hoch ist der Pflichtteil der Kinder?
Für die Höhe des Pflichtteils kommt es auf die familiäre Situation an. War der Erblasser verheiratet, welcher Güterstand bestand, wie viele Kinder hatte der Erblasser?
Die Quote des Pflichtteils beträgt die Hälfte der gesetzlichen Erbquote.
Wann und wie kann der Pflichtteil eingefordert werden?
Der Anspruch entsteht mit dem Tod des Erblassers und muss vom Kind eingefordert werden. Dies geschieht in der Regel schriftlich.
Wie beeinflusst ein Berliner Testament den Pflichtteil des Kindes?
Beim Berliner Testament setzten sich die Ehegatten für den ersten Erbfall als Alleinerben ein und enterben damit die Kinder im ersten Erbfall. Somit haben Kinder bereits beim Tod des ersten Elternteils einen Anspruch auf den Pflichtteil. Um diesen Anspruch zu vermeiden, beinhalten solche Testamente regelmäßig eine sog. Pflichtteilsstrafklausel.